Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Nachholung der Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG zu einer bereits in Vollzug gesetzten personellen Einzelmaßnahme nicht den betriebsverfassungswidrigen Zustand heilt, wenn die Beteiligung des Betriebsrats unterblieben ist. Die Folge: Der Betriebsrat kann gegen den Arbeitgeber im Beschlußverfahren vorgehen und nach § 101 BetrVG Aufhebung der Maßnahme verlangen. Der Aufhebungsanspruch des Betriebsrats kann mit Zwangsgeld durchgesetzt werden.
Die Einleitung eines Beteiligungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG setzt bei einer bereits vollzogenen Einstellung oder Versetzung voraus, daß der Arbeitgeber von dieser Abstand nimmt. Das Beteiligungsverfahren kann sich dann nur auf eine erneute, noch nicht vollzogene Einstellung oder Versetzung beziehen.
Diese Grundsätze hat das Bundesarbeitsgericht nun in seinem Beschluß vom 11.10.2022 (1 ABR 18/21, NZA 2023, 182) weiterentwickelt:
Ist eine Einstellung oder Versetzung ohne Beteiligung des Betriebsrats erfolgt, muß der Arbeitgeber von der bereits durchgeführten personellen Maßnahme in der Weise Abstand nehmen, daß er die Maßnahme tatsächlich aufhebt. Erst danach kann er wirksam den Betriebsrat zu einer erneuten Einstellung oder Versetzung nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligen.
Es reicht daher nicht aus, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat lediglich nachträglich um Zustimmung zu einer bereits endgültig vorgenommenen Einstellung oder Versetzung ersucht oder lediglich mitteilt, die Einstellung oder Versetzung „zurückzunehmen“. Der betroffene Arbeitnehmer darf daher so nicht weiterbeschäftigt werden, bis der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu seiner erneuten Einstellung oder Versetzung ordnungsgemäß beteiligt worden ist.
Für Arbeitgeber bedeutet dies:
Haben sie einen Arbeitnehmer eingestellt oder versetzt, ohne den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen und ohne daß die Voraussetzungen für eine vorläufige personelle Maßnahme nach § 100 BetrVG vorliegen, dürfen sie den neu eingestellten Arbeitnehmer nicht beschäftigen und den versetzten Arbeitnehmer nicht auf dem Zielarbeitsplatz, sondern nur auf dem bisherigen Arbeitsplatz einsetzen. Dies gilt allerdings nur, wenn die Einstellung oder Versetzung ohne Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG vollzogen worden ist.
Anders ist es, wenn der Arbeitgeber das Verfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG rechtzeitig eingeleitet hat, aber der Betriebsrat innerhalb von einer Woche seine unzureichende Unterrichtung rügt und im übrigen die Zustimmung nach § 99 Abs. 2 BetrVG verweigert. Der Arbeitgeber kann dann nach § 99 Abs. 4 BetrVG das Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht betreiben und dort vorsorglich auch die Unterrichtung ergänzen. Gegenstand des Zustimmungsersetzungsverfahrens ist die ursprüngliche Einstellung oder Versetzung.
Sie haben weitere Fragen?
Gerne stehe ich Ihnen für ein Beratungsgespräch in meiner Kanzlei in Hamburg zur Verfügung. Sie finden mich in Poppenbüttel im Forum Alstertal. Sollte Ihre Zeit einen Besuch in meiner Kanzlei nicht erlauben, biete ich Ihnen auch eine Beratung per Videokonferenz (Zoom, Teams) an.